Es gibt viele verschiedene Typen von Reisenden. Zum Beispiel solche, die die Hotspots eines Landes oder einer Region aus dem Reiseführer als To-Do-List verstehen und nacheinander abhaken. Oder etwa solche, die verborgene Wege suchen und denen sich die Haare aufstellen, wenn sie Touristen sehen. Was natürlich nicht einer gewissen Ironie entbehrt, zumal sie ja selbst welche sind. Trotzdem (oder vielleicht auch deshalb) zähle ich mich selbst zu letzterem Typus. Also maximale Immersion, verschmelzen mit dem Hintergrund, Teil des Landes werden. Naja, theoretisch. Praktisch gesehen erkennt jeder von 2 km Entfernung, dass ich Tourist bin und wenn ich in den Spiegel schaue, blickt mir ein bleicher Gringo entgegen. Auch wenn mir mein Umfeld versichert, dass Europäer wie ich keine Gringos sind. Naja, Immersion ist eine schöne Idee, aber scheitert (nicht nur, aber auch) an der Realität meines Aussehens. Immerhin gibt es noch die Option, nur die versteckten und unbekannten Sehenswürdigkeiten aufzuspüren, sich nicht auf irgendwelche Insidertipps zu verlassen, sondern selbst Orte zu entdecken, um sie dann unter vorgehaltener Hand im Freundeskreis geheim weiterzugeben. Doch selbst daran scheitere ich. Oder scheiterte: Vorletzte Woche fiel ein Sprachschultag aus, da Juan, mein Lehrer, zum Arzt musste. Um die Stunden nachzuholen, schlug er für den darauffolgenden Samstag eine Wanderung vor. Er machte ein paar Vorschläge, die mich nicht so ganz überzeugten – zu touristisch, aber auch einfach Orte, die ich selbst von meiner Unterkunft zu Fuß erreichen kann. Stattdessen machte ich den Vorschlag Cuicocha, einen Kratersee nur etwa 15km von Otavalo entfernt, zu erkunden oder besser gesagt zu umrunden. Zwar war das alles andere als ein verborgener Ort, sondern ganz im Gegenteil eine der Hauptattraktionen hier in der Region, aber immerhin das südliche Ende eines Nationalparks und diversen Fotos zu entnehmen einfach auch tatsächlich eine schöne Umgebung für eine gemütliche Wanderung. Als Juan dann erzählte, dass ein neuer Teil des Wanderwegs erst vor drei Monaten eröffnet wurde und es erst seitdem möglich ist den gesamten See (legal) zu umwandern, war auch meine innere Stimme, die nach Neuem, Unbekanntem geifert, zumindest etwas beruhigt. Dennoch hatte ich zwei Sorgen. Einerseits, dass das Wetter nicht halten würde, denn im niederschlagsreichen April, zieht hier spätestens nachmittags die Wolkendecke zu um mal mehr, mal weniger zu regnen. Andererseits, dass die Strecke samstags von Touristen überlaufen würde. Letzteres schreckte mich deutlich mehr, zumal ich mich gegen ersteres mit adäquater Kleidung rüsten konnte und die Wasseroberfläche des Sees weit genug vom Wanderweg entfernt war, dass ich nicht fürchten musste in einer Spiegelung zu erkennen, dass ich selbst nichts anderes als ein Tourist war beziehungsweise bin. So weit, so gut. Wie geplant ging es dann auch samstags etwa gegen halb Neun los. In etwa, da in Südamerika ausgemachte Zeiten, nicht so ganz genau gelten. Zumindest habe ich das so verinnerlicht, weswegen der stets pünktliche Juan ein paar Minuten auf mich warten musste. Für 35 Centavos führte der Weg erst einmal mit dem Bus nach Quiroga, von wo aus wir dann den nächsten Teil von einem Fahrer in einem Pickup (Taxi trifft es nicht ganz) für 5 Dollar an den See bringen ließen. Ausgestiegen begrüßte uns am Parkplatzrand im Gebüsch zuerst einmal ein prachtvoller Vogel von beinahe Krähengröße mit knallroter Brust und schwarzen Flügeln, der sich aber leider wieder verabschiedete, bevor ich ein Foto schießen konnte. Stattdessen wandte ich mich dann einem Motiv mit mehr Geduld zu und schoss meine ersten Fotos vom See. Es sollten noch viele weitere folgen. Die Strecke, vor deren Schwierigkeit (körperlicher Natur) ich in der Sprachschule beinahe schon gewarnt wurde, entpuppte sich als sehr gemütliche Wanderung auf einem gut gepflegten Weg am Grat des Kraters entlang. Mit insgesamt nur etwa 400 Höhenmetern Differenz hält sich der Anspruch in Grenzen und die gesamte Strecke lässt sich auch in 4 - 5 Stunden bewältigen. In unserem Falle sollten es dann doch knapp über 6 Stunden und hunderte Fotos werden – ein kausaler Zusammenhang nicht ausgeschlossen. Vor Ort gab es dann für mich gleich mehrere positive Überraschungen: Der befürchtete Touristenansturm blieb komplett aus. Insgesamt dürften an diesem Tag vielleicht noch zehn andere Leute unterwegs gewesen sein, was sich auf der Strecke jedoch gut verteilt – auch weil es nur eine Wanderrichtung gibt. Das Wetter zeigte sich ebenfalls (beinahe) von seiner besten Seite (jedenfalls zunächst) und überall am Wegrand genossen Eidechsen den Sonnenschein.

Fortsetzung folgt (hoffentlich bald)

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