Warnung: Nur Text!
Mein Geist und meine Wahrnehmung sind derzeit gespalten. Einerseits grün und in Stücken, andererseits gelb und feiner, aber immer noch recht grobkörnig. In jedem Fall aber ordentlich weichgekocht. So wie Bohnen mit Reis. Aber dazu komme ich noch. Die eigentliche Spaltung liegt darin begründet, dass ich mich nicht ganz entscheiden kann oder möchte, wie ich mit den letzten Tagen und vielleicht auch dem nächsten Jahr umgehen soll. Auf der einen Seite bin ich aufgeregt und fasziniert von der Unwirklichkeit der Ereignisse um mich herum. Es mag alltäglich erscheinen und es ist weder für mich das erste Mal, dass ich in ein anderes Land geflogen bin, noch ist es der längste Flug bisher. Trotzdem. Innerhalb eines Tages auf einen völlig anderen Kontinent zu fliegen, das ist absurd. Völlig verrückt. Alles hinter mir zu lassen. Meine ganze Reise. Verrückt. Der Plan zur Recherche in Panguana. Alles verrückt. Das schüttelt an mir, das ent-rückt mich, wirbelt mich auf und um, bringt mich innerlich zum Lachen, aber auch zum Zweifeln.
Die andere Seite besteht bei mir aus Pragmatismus und etwas, dem ich gerne den Namen Vernunft umhänge (ob es wirklich den Namen verdient, mag ich nicht zu beurteilen). Diese Seite nimmt die Situation locker, setzt alles in Relationen und stärkt mich mit Ruhe. Zweifel? Warum? Oder vor allem wozu? Na, also. Kein Stress.
Beide Seiten lassen mich im Moment, da ich diesen Text schreibe, lachen. Beide Seiten brauche ich vielleicht derzeit, aber gleichzeitig erzeugen sie in mir ein sehr inhomogenes Gefühl.
Mit diesem Hintergrund möchte ich aber gleich zu meiner Anreise nach Otavalo kommen, da vor mir noch Hausaufgaben liegen und Fotos für den zweiten Blogeintrag:
Wie ich ja schon angedeutet hatte, war ich mir ob meines vielen Gepäcks nicht sicher, dass der Check-in problemlos verlaufen würde. Gleich der erste Flug war randvoll und dennoch waren weder die 24,2 kg meines Aufgabegepäcks ein Problem, noch die Kombination aus Handgepäck und doch etwas beladener Stofftüte. Selbst der Security-Check verlief schnell und problemlos. Powerbanks, Akkus, Tablets, Kameras, Objektive, Bartschneider: Auf der einen Seite ausgepackt, auf der anderen Seite eingepackt. Im Nachhinein ärgere ich mich etwas, dass ich nicht mehr Süßigkeiten als Gastgeschenke mitgenommen habe. Ganz im Kontrast nahm allerdings meine Verwirrung bezüglich der Flüge nicht ab. Laut e-Ticket sollte ich mit Air Berlin nach Madrid und dann mit LATAM nach Quito fliegen. Iberia würde als Operator (was auch immer das zu bedeuten hat) fungieren. Als ich in der Vorwoche anmelden wollte, dass ich Vegetarier bin, verwies mich Iberia an LATAM. Beim Online-Check-in hingegen verwies mich Air Berlin an Iberia, wo ich mich nur für den zweiten Flug einchecken konnte. Am Flughafen wurde der Air Berlin Flug zu einer reinen Iberia-Geschichte, auch das Flugzeug war ganz eindeutig von Iberia und fühlte sich wie ein alter, vollgestopfter Bus an.
In Madrid musste ich dann zu meiner Überraschung durch keinen weiteren Security-Check und hatte etwa drei Stunden Zeit auf Probleme zu warten, die nie kamen. Irgendwann saß ich dann statt in einem A340-500 von LATAM in einem A340-600 von Iberia und musste feststellen, dass mein wunderbarer Platz zwar ausreichend Abstand zu den Tragflächen hatte, damit diese den Blick nach unten nicht versperrten, aber zudem auch eine unvorteilhafte Gemeinsamkeit mit Leibniz‘ Monaden hatte: er war fensterlos. Damit verlief der Flug dann auch wie in einer (lauten) Kapsel. Ein Eindruck, der dadurch verstärkt wurde, dass auf Anweisung der Blendschutz der Fenster während des gesamten Fluges heruntergezogen blieben. Mangels Fenster konnte ich leider auch keinen zivilen Ungehorsam zeigen und konzentrierte mich auf das Schlafen zu Beginn und dann auf ein paar Filme. Das spezielle Vegetarier-Essen hingegen verlangte mir keinerlei Konzentration ab. Meine leichte Vorfreude verwandelte sich durch meinen Pragmatismus in Schadenfreude (über mich selbst). Kleingeschnittene grüne Bohnen und weichgekochter Reis, der keinen Geschmack wohl aber die Farbe von Curry trug. Über die zweite Mahlzeit bestehend aus drei Salatblättern, zwei Tomatenscheiben und einem kleinen Häuflein Karottenraspeln tröstete ich mich dann mit dem Gedanken an den CO2 Fußabdruck.
Beim Landeanflug wurde mir dann plötzlich bewusst, dass ich der Sprachschule eine LATAM Flugnummer gegeben hatte (also di, auf meinem e-Flugticket), ich allerdings ja in einer Iberia-Maschine saß. Allen Sorgen zum Trotz, klappte die Abholung trotz dieser Verwirrung (es gab auch scheinbar mehrere verunsicherte Telefonate zwischen dem Abhol-Service, der Sprachschule und meiner Gastfamilie) einwandfrei und um etwa halb neun Ortszeit kam ich dann endlich bei der Familie Cazar an.
Wie der Rest vom Abend und dann der erste Tag verlief, schreibe ich ein andermal. Meine Hausaufgaben warten.